In Gates we trust
Microsoft droht ein Kartellverfahren
- und das Image des Wunderkanben Bill zeigt schwere Risse
1998
von Tom Schimmeck
Für seine PR-Leute muß das Treiben auf
dem Fernsehschirm ein Alptraum gewesen sein: Zeichentrickstar Homer Simpson
hat gerade eine kleine Internetfirma gegründet, da kommt ein grimmig
grinsender Brillenträger mit ein paar Rauhbeinen herein. „Was zum
Teufel macht ihr da?“, ruft Vater Simpson, als die Kerle anfangen, seine
Stifte zu zerbrechen. „Ich bin nicht dadurch reich geworden, daß
ich einen Haufen Schecks ausgeschrieben habe“, höhnt der bebrillte
Arsch mit der miesen Frisur. „Bevor ich den Wettbewerb mit ihnen riskiere,
kauf‘ ich sie besser auf.“
Amerika hatte keinen Zweifel, wer gemeint war.
Bill Gates ist Kummer gewohnt. Seit Jahren attackieren ihn seine Konkurrenten
beständig ob seines rustikalen Geschäftsgebahrens. Vor allem
die vielen Opfer, die den Weg des Softwaremoguls irgendwann im falschen
Winkel gekreuzt haben, wissen manch Lied davon zu singen. Ein paar haben
ihm ihre Anwälte auf den Hals gehetzt. Die meisten schimpfen nur.
Sollen sie brüllen, sagte sich Gates bislang. Ist er nicht die
Fleischwerdung des american dream? Der blasse Jüngling, der kaum Erfolg
bei den Frauen hat, aber ausgebufft genug ist, einen Giganten wie IBM auf
die Matte zu werfen. Ist er nicht längst geradezu das Klischee des
US-Erfolgsmenschen - mit einer dicken Villa, ein paar Sportwagen, Golfschlägern
und einer blonden Frau? Nur das Tellerwaschen hat er weggelassen. Ein Wunder,
daß Hollywood den Stoff noch nicht zu Sirup verkocht hat
Gewiß, Bill Gates war nie wirklich ein Sympath. Anekdoten über
seine Brüllorgien auf Kosten von Untergebenen sind Legion. Jedes Kind
weiß um seine schratige Vorliebe fürs Trampolinspringen, die
hospitalistischen Zuckungen auf jedem Sitzmöbel und die grausigen
Eßgewohnheiten des Multimilliardärs, negativ übertroffen
nur noch von seinem Fahrstil. Gesprächspartner erfrischt Willam Henry
Gates III. seit Schulzeiten mit Kommentaren wie „Das ist das dümmste,
was ich je gehört habe“ oder „Das ist absolut hirnrissig“.
Doch einer, der sich auf seinem weitläufigen Konzernareal, dem
„Campus“, locker einen Goldspeicher zum Baden à la Dagobert Duck
bauen lassen könnte, hat beim staunenden Volk erst einmal viel Kredit.
In Gates we trust. Amerikas Öffentlichkeit lebte in den letzten
Jahren ganz komfortabel mit seinen zwei großen Bills, dem einen an
der Ostküste, im weißen Haus, dem anderen an der Westküste,
in Redmond bei Seattle, Postanschrift: One, Microsoft Way. Und oft war
nicht ganz klar, welcher von beiden nun der tollere Hecht ist.
Jetzt aber kommen die Einschläge deutlich dichter. Es sind längst
nicht mehr nur die Fachleute der Branche, die Microsofts Caterpillar-Methoden
anprangern. Plötzlich entfahren der Massenpresse, wenn es um Redmonder
Geschäftspraktiken geht, harte Verben wie „erdrücken“, „würgen“
und „zermalmen“, unschöne Begriffe wie „Weltmonopol“ und „Reich des
Bösen“.
Der Kredit scheint verbraucht. Im Justizausschuß des US-Senats
mußte sich Gates Anfang März viereinhalb Stunden grillen lassen.
Das US-Justizministerium hetzte dem bübischen Magnaten eine
ganze Phalanx von Schnüfflern auf den Leib. Und die Generalstaatsanwälte
von inzwischen 27 US-Bundesstaaten zwischen Kalifornien und New York, zwischen
Massachusetts und Texas, haben sich an die Operation freudig drangehängt
Mit der EU-Kommission hat Gates Softwarefirma seit letzten Herbst ebenfalls
Zoff. Um Interventionen von Wetttbwerbskommissar Karel van Miert abzuwenden,
mußte Microsoft kürzlich Verträge mit 25 Marketingverträge
mit Internetprovidern wie France Telekom lockern. Die Verträge zwangen
die Provider, all jenen Kunden, die durch Werbung auf Microsoft-Webseiten
gelockt wurden, nur noch Microsoft-Ware anzubieten.
Auch im fernen Japan klingelten im Januar Kartellaufseher bei den Statthaltern
von Gates. Etwa 20 Beamte rückten in die Zentrale von Microsoft in
Tokio ein, um Material zu beschlagnahmen, das ihnen Aufschluß über
die genauen Businessmethoden von Gates&Co geben soll. Auch bei den
größten Computerherstellern des Landes - NEC, Fujitsu und Toshiba
- holten die Beamten Informationen ein. Sie haben den Verdacht, daß
Microsoft versucht, aus der Popularität seiner Tabellenkalkulation
Excel in Japan Nutzen zu ziehen, um auch das dort weniger populäre
Textverarbeitungprogramm Word massiv in den Markt zu drücken. Die
Computerhersteller sollen gezwungen worden sein, zusammen mit Excel auch
Word zu installieren und jedes Konkurrenzprogramm von der Festplatte zu
verbannen. In den USA schien ob solcher Nachrichten niemand überrascht.
Im Herbst beantragten die Kartellwächter bei Gericht, den Softwareriesen
mit einer Strafe von täglich einer Million Dollar zu belegen - sie
sahen einen juristischen Kompromiß verletzt, dem Microsoft im Juli
1994 nach langem Gezerre zugestimmt hatte. Damals wurde Microsoft unter
anderem untersagt,
-
von Computerherstellern Windows-Lizenzgebühren für alle hergestellten
Computer zu verlangen, egal, ob sie mit Windows ausgeliefert wurden oder
nicht,
-
Windows-Lizenzverträge über extrem lange Zeiträume und mit
überhöhten Mindestmargen abzuschliessen,
-
andere Softwarehersteller, die Anwendungen für Windows schrieben,
durch Verschwiegenheitsverpflichtungen an der Zusammenarbeit mit anderen
Herstellern von Betriebssystemen zu hindern.
Das Justizministerium glaubte damals, „eine Barrikade ausschließender
und unsinnig restriktiver Lizenzabkommen“ geschleift zu haben. Doch rückblickend
erscheint der Erfolg dürftig. Windows95 ist auf den PCs der Welt mit
einem Marktanteil von über 90 Prozent konkurrenzloser denn je, Microsoft
ist unbeirrt bestrebt, sein Betriebssystem mit immer neuen Anwendungen
aufzublasen. Gates, sagen Spötter, wird erst stoppen, wenn Windows
2020 alles kann: Nicht nur Schreiben, Rechnen und Browsen, sondern auch
Einkaufen, Staubsaugen und Witze erzählen.
Der aktuelle Streit mit dem Justizministerium rankt sich bislang vor
allem um die Verschmelzung von Windows mit Microsofts Internetbrowser „Explorer“.
Seit Jahren führt Microsoft einen aggressiven Kampf gegen den Konkurrenten
Netscape, der mit seinem Browser bis vor kurzem marktführend war.
Dahinter steckt Gates Grundstrategie, die er seit den Anfangstagen von
Microsoft verfolgt hat. Sie lautet schlicht: „Den Standard setzen.“
Die hat bislang immer funktioniert. Denn wer den Löwenteil des
Marktes beherrscht, definiert, wie Software und Preise sich entwickeln,
was Zukunft hat und was nicht. Im Falle des Browsers, der ja die Brücke
des Computers zum Internet ist, bedeutet eine beherrschende Stellung auch
großen Einfluß auf Formen und Inhalte der weltweiten Netze,
auf den Fluß der Daten und die Zukunft neuer Anwendungen.
Um seinen „Internet Explorer“ durchzusetzen, hat Microsoft auf lang
bewährte Mittel zurückgegriffen: Exklusivverträge mit den
großen Computerherstellern, die jedes neue Gerät nicht nur mit
Windows, sondern fortan auch gleich mit dem Browser ausstatten sollen.
Exklusivverträge mit den großen Onlinediensten und Internetprovidern,
die den „Explorer“ überall als Standardbrowser etablieren. Dazu Verträge
mit unzähligen Anbietern von Webinhalten, die den Reisenden im Internet
an jeder Ecke auffordern, doch bitte sofort und kostenlos den „Explorer“
herunterzuladen und zu installieren.
In der nächsten Version von Windows - Windows 98 - die im Juni
dieses Jahres herauskommen soll, wird der Explorer so eng mit dem Betriebssystem
verzahnt sein, das er zu dessen Bestandteil wird, zur Arbeitsoberfläche
für interne wie externe Daten. Das dürfte das Ende aller Konkurrenzprodukte
sein. Noch ist offen, ob Washingtons Generalstaatsanwältin Janet Reno
und die ihr beigesprungenen Kollegen aus 27 Bundesstaaten wirklich versuchen
werden, diese Verschmelzung zu verhindern. Bislang gibt es nur ein vorläufiges
Gerichtsurteil vom Dezember, das Microsoft lediglich verpflichtet, die
Deinstallation des „Explorer“ zu vereinfachen.
Gates wäre nicht Gates, wenn er sich dem globalen Kommunikations-
und Geschäftsmedium Internet nur auf dem Browser-Pfad nähern
würde. Längst hat Microsoft eine Fülle eigener Angebote
im Netz etabliert, die möglichst viele Einnahmequellen anzapfen sollen.
Plötzlich ist die Software-Firma Händler, Verleger, Bankier und
Börsenmakler. Der Gates-Kunde spekuliert mit „Microsoft Investor“,
seine Reisen bucht er bei „Microsoft Expedia“, sein Auto kauft er mit „Microsoft
CarPoint“. Andere Einkaufsgelüste kann er im „Microsoft Plaza“ befriedigen,
um danach das lokale Unterhaltungsangebot bei „Sidewalk“ zu studieren.
Daneben gibt es noch einen ganzen Strauß von Spezialangeboten für
Nachrichtenhungrige und Wissendurstige, für Spielefans, Jobsuchende
und Frauen. Gates versuche, sagt der US-Verbraucheranwalt Ralph Nader,
„der neue Mittelsmann auf allen Spuren der Infoautobahn zu werden“. Nader,
der schon mit Automobilfabriken, Versicherungskonzernen und der Atomindustrie
die Klinge kreuzte, hat Gates Imperium zu seinem neuen Lieblingssteckenpferd
erkoren.
Zugleich bemächtigt sich der Konzern systematisch vieler Schlüsseltechnologien
für künftige Darstellungsformen in einem breitbandigeren Netz,
vor allem im Bereich Video und Audio. Massiv hat der Chef auch in das Satellitensystem
Teledesic investiert, das in einigen Jahren einen leistungsfähige
Netzanbindung auf der ganzen Welt bieten soll. Microsoft ist an Kabelnetzen
(Comcast) und Fernsehsendern (NBC) beteiligt , Gates ist überall.
Immer wieder den Standard setzen, nicht zuletzt auch die großen
Maschinen kapern, über die das Internet läuft. Denn Microsoft
hat zwar ein Quasi-Monopol bei den Personal Computern. Auf den Netz-Servern
aber dominieren bislang noch andere Systeme. Wohl nicht mehr lange: Mit
dem leistungsfähigeren Betriebssystem Windows NT , das zudem noch
auf billigen Intel-Prozessoren läuft, gewinnt Microsoft auch hier
schnell Marktanteile, besonders in Europa, wo gut die Hälfte
der 1997 neu installierten Netzwerke bereits mit NT liefen. Zugleich
hat Gates künftige Gerätegenerationen im Visier, die mit dem
abgespeckten Windows namens CE ausgestattet werden sollen: Handys, Autoelektronik,
Fernseher, Radios und allerlei Spielzeug. Beim Durchpowern der eigenen
Software scheint Microsoft kaum schlagbar.
Wollen und können Gesetzgeber oder Kartellhüter in Washington
den Softwaretycoon wirklich stoppen? Der radikalste Schritt, eine Aufspaltung
des Konzerns in mehrere Einheiten - wie in den 60er Jahren bei AT&T
und Anfang des Jahrhunderts bei Standard Oil - scheint im Falle Micorsoft
kaum wahrscheinlich. Die Politiker neigen eher dazu, erst einmal vorhandene
Instrumentarien auf ihre Brauchbarkeit zu überprüfen..
Auch Microsoft weiß nicht recht, was auf die Firma zukommt. Paralelle
Ermittlungen in Japan, Europa und den USA machen die Lage unübersichtlich.
Prophylaktisch hat Gates in den letzten Wochen den Ton geändert. Zuvor
hatten sich seine Leute vor Gericht aggressiv und arrogant verhalten. Seit
Januar wird rege kommuniziert. Microsoft gibt sich geradezu nachdenklich.
Raubritter Gates streut Blumen, appelliert an amerikanische Werte: „Innovation
und Wettbewerb“, lobt auch mal die Konkurrenz und verkauft sich als
Vorkämpfer der Konsumenten . Das Wort Monopolist findet er „unfair“.
Die Geschichte der PC-Industrie, verkündet Gates, sei eine „great
story“, eine „Ehre für das Land“. Und eigentlich habe er sowieso nur
Freunde, rechnet der Chairman vor: Schließlich seien 12 der 14 größten
Computerfirmen Microsoft-Partner.
Das Image des Wunderknaben zeigt schwere Risse. Es wandele sich vom
workoholischen Geistesarbeiter zum rasenden Raubritter, meinen kundige
Beobachter: ein PR-GAU, der nicht ohne Folgen bleiben wird. Bei einem umjubelten
Idol kauft der Kunde halt lieber als bei einer alles an sich reißenden
Krake. Amerikaner mögen ihre Milliardäre vergöttern. Aber
es gibt eine tiefe Skepsis, wenn sie allzu mächtig werden. Vor allem,
wenn sie dabei mit der Brechstange mehr Geschick zeigen als mit ihren Fingerspitzen.
Gates ist kein Saddam Hussein. Daß er sich gleichwohl ernste Sorgen
macht, zeigen die verschärften Bemühungen seines Stabes, den
Chef als den netten Nachbarn von nebenan herumzureichen. Zwei ehemalige
Reagan-Berater sind an der Schöpfung des weicheren Gates98 beteiligt.
Seit Jahresbeginn gilt die Devise: Wir sind freundlich, wir sind nett.
Und Bill auch nur ein Mensch. Permanent taucht er derzeit zum Beispiel
in Schulen auf, um Spendenfreudigkeit demonstrieren und mit Kindern posieren
zu können. Gerne gibt Gates seinen Ansprachen jetzt ein Quentchen
Keuschheit und Demut bei: „Ich bin bescheiden, ich bin respektvoll.“
Außerhalb des Rampenlichts probiert der Konzern ein paar diskrete
Korrekturen, US-Analytiker glauben einen „langsamen Rückzug“ auszumachen
Vor allem die vertragliche Bindung von Computerherstellern an den Explorer,
die US-Politikern wie Kartellhütern sauer aufstößt, wurde
gelockert - auf eine Art, die nicht allzu sehr nach Schuldeingeständnis
riecht. Auch Abkommen mit Internet Providern wurden drei Tage vor dem Hearing
in Washington geändert, um dem Konkurrenten Netscape ein paar Moleküle
Luft zu lassen.
An zuviel Kreide aber verschluckt sich der Microsoftie schnell. So soft
ist er doch nicht. Dann flucht er plötzlich wieder über die Feinde,
die ihn mit Hilfe der Regierung plattmachen wollen. Und auch über
die Regierung selbst, die ihm Innovation verbieten wolle - nur weil seine
Produkte im Grunde „zu fähig sind“. Mit unverminderter Härte
bekämpft er vor allem Sun Microsystems, dessen Chef Scott McNealy
gern und reichlich Spott über Gates und dessen Produkte ausgießt.
Der Java-Programmiersprache von Sun, die - ideal für das Internet
- auf allen Systemen läuft und als potentielle Bedrohung von Windows
betrachtet wird, will Gates spezielle Windowskomponenten verpassen, die
diesen Vorteil zunichte machen. Der Streit ist bei Gericht anhängig.
Die Leute von Microsoft, meint der Anwalt Gary Reback, der schon viele
Firmen gegen Gates vertreten hat, „benutzen die gleichen alten schmutzigen
Tricks, die ihnen schon früher so dienlich waren.“
Doch auch Gates macht Fehler. Vor allem in dem Bereich, den er bei seiner
Radikalwendung Richtung Internet vor x Jahren als besonders entscheidend
ansah: den Inhalten. „Content“, dekretierte Gates damals, „is king.“
Sein Onlinedienst Microsoft Network (MSN) kommt nicht recht auf die
Füsse. Viel „Content“ wurden just gestoppt, alle Shows und andere
Unterhaltungsversuche werden dieses Jahr auslaufen. Auch „Sidewalk“, ein
Angebot in bislang neun US-Städten, das vor allem Kultur bietet und
in den Anzeigenmarkt der Lokalzeitungen eindringen sollte, mußte
zurückgeschraubt werden.
Besonders peinlich ist das Debakel mit den Inhalten für Microsoft
Deutschland. Im Herbst 1996 hatte das Unternehmen den Ex-Kirch, - Unilever
und -SAT1-Mann Knut Föckler unter Fanfarenklängen als neuen „Head“
von MSN gekrönt. Der redete viel von Zappkanälen und Stars im
Netz. Und marschierte schnurstracks in sein Waterloo. Schon im Herbst 1997
verlautbarte Microsoft kleinlaut, die vom hauseigenen Onlinedienst „angebotenen
Produktionen im Bereich Entertainment und Shows werden nicht mehr fortgeführt“.
MSN Deutschland macht keinen „Content“ mehr. Der Service der Einwahlknoten
soll eventuell von der Telekom weitergeführt werden. Dort findet auch
Föckler eine neue Heimat. Die deutschen „Sidewalk“-Pläne hatte
man schon vor dem Start eingestampft.
Die Moral von der Geschicht? Geld, Marktmacht und Technik allein schaffen
noch keine guten Onlineangebote. Bill Gates und seine hochmotivierten Boys
mögen im brilliant sein. Das Zeug zu Verlegern haben sie nicht. „Die
Sachen, die sie alleine machen, sind ziemlich extravagant“, sagt Allen
Weiner, Analytiker von Dataquest, „aber sie haben kein Herz.“ Onlineentertainment
funktioniere derzeit nur als Beiwerk zu etabliertem Stoff, etwa in Koproduktion
mit Disney.
Der Genius der Softwarefreaks von der Westküste ist eher technisch
geprägt, Bill Gates ist hier ein Paradebeispiel. Sein Kapital sind
Instinkt und Beharrlichkeit. Er ist Ingenieur und durch und durch und Geschäftsmann.
Der Motor war immer Geld. Schon als Nobody feilschte Gates mit seinem Partner
Paul Allen um Anteile. Die erste Anschaffung war ein alter Porsche. Er
ist nicht durchtrieben, nur zielstrebig wie ein Räumpanzer. Ein Mann
mit einer Biographie ohne Brüche: Ein Knabe aus gutem Hause, der auszog,
um reich zu werden. Und es schaffte.
Gates und seine Mannen haben einen Marktanteil unter 100 Prozent stets
als beleidigend empfunden. Sie machen keine Gefangenen, wollen weiterhin
alleine die Standards setzen. „Wieviele Microsoft-Ingenieure braucht man,
um eine Glühbirne auszuwechseln?“, fragt ein Witzbold im Internet.
Die Antwort lautet: „Keinen. Microsoft erklärt die Dunkelheit einfach
zum Standard.“
Zeittafel
Microsoft im Visier der
Ermittler
Juni 1990
Die US - Federal Trade Commission (FTC) beginnt geheime Ermittlungen
über einen möglichen Geheimpakt ziwschen Microsoft und IBM.
Februar 1993
Dank eines 2:2-Patts der US-Kartellkommissare bleibt Microsoft
ungeschoren
August 1993
Das US-Justizministerium übernimmt die Ermittlungen
Juli 1994
Das Justizministerium zwingt Microsoft zur Änderung seiner
Lizensierungspraxis
Februar 1995
U.S. Bezirksrichter Stanley Sporkin verwirft den Kompromiß
zwischen Ministerium und Microsoft als unzureichend. Begründung: Microsofts
''monopolistische Praktiken''.
April 1995
Das Justizministerium klagt gegen Microsoft, um den Kauf der Firma
Intuit für 1,5 Milliarden Dollar und damit ein Monopol bei der Finanzsoftware
zu verhindern. Microsoft gibt nach.
Juni 1995
Das Justizministerium ermittelt wegen der geplanten Integration
des neuen Onlinedienstes „Microsoft Network“ in das Betriebssystem „Windows
95“. Microsoft antwortet mit einer Klage gegen diese „Belästigungskampagne“
des Ministeriums.
Ein Berufungsgericht verwirft den Einspruch von Richter Sporkin
und überweist den Kompromiß an einen anderen Richter
August 1995
Das Ministerium dient seine Untersuchungen auf die Kopplung von
„Windows 95“ mit dem „Internet Explorer“ aus.
Bezirksrichter Thomas Jackson bestätigt den Kompromiß
zwischen Ministerium und Microsoft und verbietet der Firma, die Lizensierung
eines Produkts von der Lizensierung eines anderen abhängig zu machen.
Juli 1996
Die Softwarefirma Caldera Inc. klagt wegen Kartellrechtsverstoß
gegen Microsoft
August 1996
Netscape Communications Corp. fordert das Justizministerium auf,
gegen Microsofts Vermarktung des „Internet Explorer“ auf Kosten ihres „Navigator“
vorzugehen. Das Ministerium ermittelt.
Februar 1997
Der Generalstaatsanwalt von Texas kündigt Ermittlungen gegen
Microsoft wegen der Gefahr einer Monopolisierung des Internet durch die
Firma an.
April 1997
Microsoft will die Firma WebTV Networks für 425 Millionen
Dollar erwerben. Das Justizministerium startet eine Prüfung.
Juni 1997
Drei US-Senatoren fordern die FTC auf, zu überprüfen,
ob sich Microsoft an das Kartellrechtliche Abkommen von 1995 hält.
Die FTC lehnt im Juli ab.
August 1997
Microsoft erwirbt WebTV Networks nach einem OK des Juistizministeriums
Das Ministerium beginnt Ermittlungen wegen diverser Microsoft-Investitionen
im Bereich Vireosoftware (VXtreme Inc., RealNetworks Inc., VDONet) und
150-Millionen-Dollar beteiligung an APPLE.
Oktober 1997
Zahlreiche Generalstaatsanwälte, darunter die von Kalifornien,
New York, Texas, Massachusetts and Connecticut), untersuchen Microsofts
Methoden, den „Internet Explorer“ bei Computerherstellern durchzusetzen
Die EU-Kommision untersucht ein halbes Dutzend möglicher Verletzungen
des Wettbewerbsrechts durch Microsoft. EU-Kommissar Karel van Miert bezeichnet
Microsofts Exklusivitätsklauseln als „Angriff auf den Wettberwerb“.
Das US-Justizministerium beantragt beim Bundesgericht eine Strafe
von einer Million Dollar pro Tag gegen Microsoft. Der Vorwurf: Die Firma
zwinge Computerhersteller unter Verletzung des Abkommens von 1995 zum Vertrieb
des „Internet Explorer“.
November 1997
US-Verbraucheranwalt Ralph Nader hält eine Konferenz über
Microsofts Geschäftspraktiken ab.
Dezember 1997
Ein US-Bundesrichter ordnet an, daß Microsoft Computerherstellern
eine Version von „Windows 95“ ohne „Internet Explorer“ anbieten muß.
Januar 1998
Japans Kartellkontrolleure starten mit einer Durchsuchung der Microsoft-Büros
in Tokyo Ermittlungen gegen Microsoft
Februar 1998
Elf US-Bundesstaaten erzwingen von Microsoft die Herausgabe von
Dokumenten über „Windows 98“
Ein Bundesgericht gestattet der Firma Caldera, seine Kartellklage
gegen Microsoft auszudehnen
US-Ermittler fordern von Onlinediensten Dokumente über ihre
Verträge mit Microsoft an
Tortenanschlag auf Bill Gates in Belgien
März 1998
Bill Gates muß vor dem Justizausschuß des US-Kongresses
aussagen. Thema „Marktmacht und Strukturwandel in der Softwareindustrie“.
©
Schimmeck |